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Autorenbildfelixmichalke

Rückenschmerzen


Liebe Patienten,


Rückenschmerzen sind leider sehr häufig - im letzten Gesundheitsmonitoring des RKI gaben von 5000 Erwachsenen fast zwei Drittel an, im letzten Jahr unter Rückenschmerzen gelitten zu haben (Sie sind also zumindest nicht alleine). Bei Männern sind Rückenschmerzen zudem der häufigste Grund für eine Krankmeldung, bei Männern und Frauen der zweithäufigste Grund einer Frühberentung.


Warum haben wir so häufig Rückenschmerzen?


Unsere Wirbelsäule ist einer hohen Belastung ausgesetzt, seit der Mensch sich im Laufe der Evolution vom Vier- zum Zweibeiner entwickelt hat. Dazu ist unser Kopf immer größer und schwerer geworden (bei einem Erwachsenen ca 6kg) und er liegt leicht vor unserem Körperschwerpunkt, so dass die Wirbelsäule eine Zugbelastung ausgleichen muss. Wenn ein zu schwerer Bauch den Schwerpunkt im unteren Brust- und Lendenwirbelbereich auch noch verlagert, ist dies eine Belastung, der die Wirbelsäule nicht auf Dauer standhalten kann.


Funktionell kann man sich die Wirbelsäule als eine Art Hängebrücke vorstellen. Die Belastung wird von den Wirbelkörpern getragen. Zwischen den Wirbelkörpern liegen als Puffer die Bandscheiben und dazu kleine Facettengelenke, die die Bewegung zwischen den Wirbeln ermöglichen. Durch hohe Belastung können Bandscheibenvorwölbungen den Nervenkanal des Rückenmarks einengen oder die Facettengelenke verschleißen (Facettengelenksarthrose), was zu chronischen Schmerzen und eingeschränkter Beweglichkeit führt. Neben Knochen und Knorpel sind aber Muskeln mindestens ebenso wichtig für die Funktion. Sie sind die "Zugseile der Hängebrücke" , leiten die Kräfte ab und verhindern, dass die Wirbelsäule bei Drehung oder Beugung "verkantet".


So wie der Mensch altert, altert auch das Skelettsystem, die Bandscheiben verlieren an Flüssigkeit (werden weniger elastisch) und die Muskulatur nimmt ab. Insofern ist es nicht allzu verwunderlich, dass mit dem Alter Verschleißerscheinungen und Arthrose an der Wirbelsäule zunehmen. Die gute Nachricht: dies führt nicht automatisch zu mehr Schmerzen, denn das Gehirn ist sehr gut darin, Schmerzreize "wegzufiltern", sobald es sie als nicht bedrohlich erkannt hat (ähnlich wie wir die Berührung von Kleidung auf der Haut nach kurzer Zeit nicht mehr wahrnehmen). Außerdem hat der Körper einige Reperaturmechanismen - so werden Bandscheibenvorfälle vom Körper mit der Zeit auch ohne Operation abgebaut.


Was kann ich daher bei Rückenschmerzen tun?


Bei akuten Schmerzen sollten Sie:

  • Wissen, dass Sie meist eine harmlose Ursache haben und nach 1-2 Wochen vergehen

  • Schmerzmittel einnehmen. Z.B. Ibuprofen (z.B. 400mg alle 6h), es sei denn Vorerkrankungen sprechen dagegen - in dem Fall besprechen wir in der Sprechstunde eine geeignete Schmerzmedikation. Schmerztherapie ist am Anfang sehr wichtig, um den Kreislauf aus Schmerz - Verspannung - eingeschränkter Beweglichkeit und hierdurch wieder mehr Schmerz zu durchbrechen.

  • Sich bewegen - soweit wie möglich Bewegung hilft neben der Schmerztherapie die Muskulatur zu lockern und die alte Funktion wieder herzustellen. Sie können spazieren gehen, Yoga-Übungen machen oder Schwimmen. Die Schmerzen verschwinden hiermit deutlich schneller, als wenn Sie sich ins Bett legen. Wichtig ist bloß, dass sie es nicht übertreiben - wenn die Bewegung/Dehnübung sehr schmerzhaft ist, machen Sie damit zwar nichts direkt "kaputt", es wird Ihnen aber auch nicht helfen, die Verspannung der Muskulatur zu verringern.


Bei chronischen oder wiederkehrenden Schmerzen sollten Sie

  • sich bei uns in der Sprechstunde vorstellen, so dass eine gefährliche Ursache ausgeschlossen werden kann (diese sind sehr selten)

  • die muskuläre Funktion verbessern Die Wirbelsäule selbst können wir nicht "trainieren". Die über 100 Muskeln neben der Wirbelsäule dagegen schon und auch die Ansteuerung der Muskulatur kann eventuell verbessert werden. Je vielfältiger die Muskeln trainiert werden umso besser - egal ob Wandern, Pilates, Schwimmen, Rückenschule, Yoga, ... die Abwechslung ist entscheidend

  • Gleiches gilt auch bei der Arbeit oder beim Sitzen: Wechseln Sie häufiger die Position, stehen Sie auf, sitzen Sie mal gerade und mal gebeugt...

  • haben Sie Geduld: es braucht etwa ein Jahr, bis sich durch Training die muskuläre Funktion nachhaltig verbessert


Und wenn das alles nicht hilft?


  • Sollten die bisherigen Therapien nicht ausreichend helfen, empfiehlt sich eine orthopädische Vorstellung. Dort kann evtl. unter Röngten-Durchleuchtung eine Spritze an die gereizte Nervenwurzel gegeben werden. Bei Bandscheibenvorfällen gibt es die Möglichkeit, diese chirurgisch zu entfernen, wenn sie dauerhaft zu einer Nervenreizung führen. Außerdem kann eventuell über eine Versteifung einzelner Wirbelkörper nachgedacht werden. Diese werden dann mit Metallimplantaten mit den darüber und darunter liegenden Wirbeln fest verbunden und der betroffene Wirbelkörper dadurch entlastet.

  • All diese Verfahren können im Einzelfall eine große Erleichterung bringen. Der positive Effekt ist jedoch sehr unterschiedlich und das Komplikationsrisiko nicht zu unterschätzen, so dass solche Therapien fast immer erst dann zum Einsatz kommen, wenn die konservative Therapie (d.h. ohne Operation siehe oben) nicht ausreichende Linderung verschafft.


Hoffentlich konnten wir Ihnen einen guten Überblick über den aktuellen Stand bei der Therapie akuter und chronischer Rückenschmerzen geben. Natürlich kann dieser Text eine individuelle Untersuchung nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Sprechen Sie uns bei Fragen am besten in der Sprechstunde an.


Ihre Ärzte der Hausarztpraxis Rain





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